Zusammenfassung des Urteils IV 2009/421: Versicherungsgericht
A. reichte am 22. Juni 2007 eine Beschwerde bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen ein, um Leistungen der Invalidenversicherung zu erhalten. Verschiedene Ärzte stellten Diagnosen wie Polyarthritis, chronische Diarrhoe und andere Gesundheitsprobleme fest, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führten. Es gab Uneinigkeiten über die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers, insbesondere in Bezug auf die chronische Diarrhoe. Das Versicherungsgericht entschied, dass weitere Untersuchungen erforderlich seien, um die Auswirkungen der chronischen Diarrhoe auf die Arbeitsfähigkeit zu klären. Die Kosten des Verfahrens wurden der Beschwerdegegnerin auferlegt, und der Beschwerdeführer erhielt eine Entschädigung.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2009/421 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 15.12.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 43 ATSG. Würdigung eines medizinischen Gutachtens. (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 15. Dezember 2011, IV 2009/421). |
Schlagwörter : | ähig; IV-act; Arbeit; Diarrhoe; MEDAS; Bericht; Arbeitsfähig; Arbeitsfähigkeit; IV-Stelle; Zentral; Zentralschweiz; Klinik; Gallen; Wesentlichen; Gutachten; Kantons; Polyarthritis; Gutachter; Syndrom; Abklärung; Austrittsbericht; Hospitalisation; Arbeitsunfähigkeit; Akten; Beschwerden; Beweis; Kantonsspital; Gastroente; Leistung; IVact |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 119 V 7; 137 V 210; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Vizepräsidentin Miriam Lendfers, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Karin Huber-Studerus; Gerichtsschreiber Tobias Bolt
Entscheid vom 15. Dezember 2011 in Sachen
A. ,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Kreso Glavas, Haus zur alten Dorfbank, 9313 Muolen,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin, betreffend
IV-Leistungen
Sachverhalt:
A.
A. meldete sich am 22. Juni 2007 wegen einer Polyarthritis unklarer Ätiologie, einer hypertensiven Kardiopathie, einer rheumatischen Systemerkrankung, Thrombosen und einer chronischen Diarrhoe unklarer Ätiologie zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen an (IVact. 1).
Am 5. Juli 2007 erstattete Dr. med. B. einen Arztbericht zuhanden der IVStelle. Darin diagnostizierte er im Wesentlichen eine Polyarthritis unklarer Ätiologie, eine „unklare Diarrhoe“, ein chronisches lumbovertebrales Schmerzsyndrom, eine chronische Niereninsuffizienz, eine hypertensive Herzkrankheit sowie ein metabolisches Syndrom. Der Versicherte sei seit 22. Januar 2007 zu 100 % arbeitsunfähig, auch in leidensadaptierten Tätigkeiten (IV-act. 11-1 ff.). Dem Bericht lagen unter anderem der Austrittsbericht des Spitals Grabs vom 9. März 2007 betreffend Hospitalisation vom
1. Februar 2007 bis 8. März 2007 infolge Exacerbation einer chronischen Diarrhoe (IVact. 11-19 ff.), der Austrittsbericht der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie des Kantonsspitals St.Gallen vom 23. März 2007 betreffend Hospitalisation vom 8. März 2007 bis 23. März 2007 zur weiteren Abklärung und Therapie der chronischen Diarrhoe (IV-act. 11-5 ff.) sowie der Austrittsbericht des Spitals Grabs vom 25. April 2007 betreffend Hospitalisation vom 13. April 2007 bis 21. April 2007 infolge einer VierEtagen-Venenthrombose rechts mit klinischem Verdacht auf eine Lungenembolie (IVact. 11-8 ff.) bei.
Im Auftrag der Krankentaggeldversicherung führte Dr. med. C. , Facharzt FMH für Allgemeine Innere Medizin, Mitte August 2007 eine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) durch. Im entsprechenden Bericht vom 16. August 2007 hielt er fest, infolge erheblicher Symptomausweitung, Selbstlimitierung und Inkonsistenz seien die Resultate der ergonomischen Leistungstests für die Beurteilung der zumutbaren Belastbarkeit nur teilweise verwertbar, weshalb die Arbeitsfähigkeit medizinisch-theoretisch geschätzt worden sei. In der angestammten Tätigkeit als Chauffeur eines Lastkraftwagens sei der Versicherte angesichts der multiplen
Medikation nicht arbeitsfähig; bei Reduktion der Medikation bestehe eine Arbeitsfähig keit von mindestens 50 %, welche unter adäquater Therapie auf 100 % gesteigert werden könne. Eine leichte bis mittelschwere Arbeit sei dem Versicherten ohne Einschränkungen zumutbar. Je nach Ergebnis der geplanten Abklärungen bezüglich der chronischen Diarrhoe könne die Zumutbarkeitsbeurteilung beeinflusst werden
(act. G 4.2).
Am 1. September 2007 erstattete Dr. med. D. einen Arztbericht zuhanden der IV-Stelle. Darin diagnostizierte er im Wesentlichen eine chronische Urat-KristallPolyarthritis, ein lumbospondylogenes Schmerzsyndrom links bei massiven degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule sowie einen Status nach Phlebothrombose rechts. Der Versicherte sei seit 22. Januar 2007 zu 100 % arbeits unfähig; in einer angepassten Tätigkeit bestehe eine Arbeitsfähigkeit von zwei Stunden pro Tag mit verminderter Leistungsfähigkeit (IV-act. 25-1 ff.). Dem Bericht lag ein Bericht von Dr. med. E. , Fachärztin FMH für Physikalische Medizin und Reha bilitation, vom 27. Juli 2007 bei, in welchem eine chronische Urat-Kristall-Polyarthritis
sowie ein lumbospondylogenes Syndrom links diagnostiziert worden waren (IV-act. 255 ff.).
Am 2. November 2007 erstattete Dr. med. F. , Facharzt FMH für Allgemeine Innere Medizin, einen Arztbericht zuhanden der IV-Stelle. Er diagnostizierte im Wesentlichen ein chronisches lumbospondylogenes Schmerzsyndrom, eine Polyarthro pathie, eine intermittierende, teils ausgeprägte intestinale Symptomatik mit dominieren der Diarrhoe sowie eine mittelschwere depressive Episode und attestierte eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit ab 22. Januar 2007; medizinisch-theoretisch könnte von einer zumindest 50%igen Arbeitsfähigkeit für eine körperlich sehr leichte Arbeit mit rückenschonender Position und mit Möglichkeit eines häufigen Positionswechsels aus gegangen werden (IV-act. 39-3 ff.). Dem Bericht lag der Austrittsbericht der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie des Kantonsspitals St.Gallen vom 11. Oktober
2007 betreffend Hospitalisation vom 17. September 2007 bis 9. Oktober 2007 bei, in welchem im Wesentlichen ein Neurinom L2 links, ein chronisches lumbospondylogenes Schmerzsyndrom, eine mittelschwere depressive Episode, eine chronische Nieren insuffizienz, eine hypertensive Herzkrankheit sowie Lipome am Unterarm links diagnos
tiziert und eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit vom 9. Oktober 2007 bis 18. Oktober 2007 zwecks Erholung bzw. Rekonvaleszenz attestiert worden waren (IV-act. 39-9 ff.).
Am 23. Januar 2008 erstattete Dr. E. einen Arztbericht zuhanden der IV-Stelle. Sie diagnostizierte im Wesentlichen eine chronische Urat-Kristall-Polyarthritis, ein lumbospondylogenes Syndrom rechts sowie eine rezidivierende depressive Störung und attestierte eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit seit Januar 2007 (IV-act. 44-3 ff.). Dem Bericht lagen ein Bericht der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie des Kantonsspitals St.Gallen vom 10. Dezember 2007 betreffend Untersuchung vom
November 2007 (IV-act. 44-10 ff.) sowie der Austrittsbericht der Klinik Gais vom
Januar 2008 betreffend Hospitalisation vom 5. November 2007 bis 27. November
2007 (IV-act. 44-18 ff.) bei.
In der Folge nahm die IV-Stelle weitere Berichte zu den Akten, unter anderem den Austrittsbericht der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie des Kantonsspitals St.Gallen vom 7. November 2007 betreffend Hospitalisation vom 22. Oktober 2007 bis
5. November 2007 infolge Exacerbation der Beschwerden im Zusammenhang mit der Diarrhoe (IV-act. 55).
Im Auftrag der IV-Stelle erstattete die Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) Zentralschweiz am 8. Juli 2008 ein polydisziplinäres Gutachten. Die Gutachter diagnos tizierten im Wesentlichen ein chronisches lumbospondylogenes Syndrom sowie ohne wesentliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ein Ganzkörperschmerzsyndrom
ohne entsprechendes organisches Korrelat, bei hohem Verdacht auf Selbstlimitierung, Aggravation und Malcompliance und iatrogener Opiatabhängigkeit, eine chronische Niereninsuffizienz, eine Adipositas, Gicht, einen postthrombotischen Symptomen komplex der rechten unteren Extremität und eine chronische Diarrhoe ungeklärter Ätiologie. In der angestammten Tätigkeit sei der Versicherte aufgrund der Opiat abhängigkeit nicht arbeitsfähig, in einer körperlich leichten, wechselbelastenden Tätig keit mit repetitivem Heben von maximal zehn Kilogramm, gelegentlichem von maximal 15 Kilogramm und seltenem von maximal 20 Kilogramm, ohne Überkopfarbeiten, ohne häufig vorgeneigten abgedrehten Oberkörper, ohne Zwangshaltung und ohne Arbeit auf vibrierenden Maschinen sei der Versicherte hingegen vollumfänglich arbeits fähig (IV-act. 61).
Am 21. August 2008 ging der IV-Stelle ein Bericht des Psychiatrie-Zentrums Rheintal vom 12. Juni 2008 betreffend tagesklinische Behandlung vom 15. April 2008 bis 6. Juni 2008 zu, in welchem insbesondere eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom diagnostiziert und vollständige Arbeitsunfähigkeit attestiert worden waren (IV-act. 68). Am 12. Januar 2009 ging der IV-Stelle ein Bericht des Psychiatrie-Zentrums Werdenberg-Sargans vom 19. November 2008 betreffend tages klinische Behandlung vom 2. Juli 2008 bis 23. Oktober 2008 zu, in welchem ins besondere eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom diagnos tiziert und vollständige Arbeitsunfähigkeit attestiert worden waren (IV-act. 81).
Am 14. Januar 2009 liess der Rechtsvertreter des Versicherten der IV-Stelle eine Stellungnahme der Klinik Gais vom 12. Januar 2009 zum Gutachten der MEDAS Zentralschweiz zugehen, in welcher auf die Medikation des Versicherten und die Diagnostik eingegangen worden war (IV-act. 83).
Am 3. Februar 2009 erstattete Dr. E. einen weiteren Arztbericht, in welchem sie im Wesentlichen eine chronische Urat-Kristall-Polyarthritis, ein chronisches lumbospondylogenes Syndrom rechts und eine rezidivierende depressive Störung diagnostizierte und festhielt, ihrer Ansicht nach bestehe keine Arbeitsfähigkeit (IV-
act. 87).
Am 13. Februar 2009 wurde die am 3. Oktober 2008 initiierte berufliche Ein gliederung abgeschlossen (IV-act. 86 und 88), was dem Versicherten am 25. Februar 2009 mitgeteilt wurde (IV-act. 90).
Am 4. Mai 2009 nahm der psychiatrische Consiliargutachter der MEDAS Zentral schweiz Stellung zum Schreiben der Klinik Gais vom 12. Januar 2009 sowie zu den Berichten der Psychiatrie-Zentren Rheintal und Werdenberg-Sargans vom 12. Juni 2008 und vom 19. November 2008. Er führte im Wesentlichen aus, die Berichte der Psychiatrie-Zentren Rheintal und Werdenberg-Sargans enthielten lediglich eine andere Beurteilung des an sich selben Sachverhalts; auch die Stellungnahme der Klinik Gais führe zu keiner grundlegend anderen Einschätzung (IV-act. 94).
Mit Vorbescheid vom 27. Mai 2009 teilte die IV-Stelle mit, dass bei einem Invaliditätsgrad von 26 % die Abweisung des Rentengesuchs vorgesehen sei (IVact. 97). Dagegen liess der Versicherte am 29. Mai 2009 Einwand erheben und ins
besondere ausführen, auf das Gutachten der MEDAS Zentralschweiz könne nicht ab gestellt werden, da es widersprüchlich und nicht nachvollziehbar sei (IV-act. 103).
Am 9. Oktober 2009 verfügte die IV-Stelle gemäss Vorbescheid vom 27. Mai 2009 (IV-act. 106).
B.
Dagegen richtet sich die am 6. November 2009 (Postaufgabe) erhobene Beschwerde, mit der die Einholung eines Obergutachtens, eventualiter die Zusprache einer ganzen Invalidenrente, sowie die Durchführung beruflicher Massnahmen, soweit eine Teilerwerbsfähigkeit bestehe, beantragt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt wird, auf das Gutachten der MEDAS Zentralschweiz könne nicht abgestellt werden, da es widersprüchlich und nicht nachvollziehbar sei (act. G 1).
Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Zur Be gründung führte sie in ihrer Beschwerdeantwort vom 18. Januar 2010 aus, es bestehe kein Anlass, nicht auf das Gutachten der MEDAS Zentralschweiz abzustellen (act. G 4).
Mit Replik vom 26. Januar 2010 liess der Beschwerdeführer an den mit Beschwerde vom 6. November 2009 (Postaufgabe) gestellten Anträgen vollumfänglich festhalten (act. G 6).
Die Beschwerdegegnerin verzichtete sinngemäss auf eine Duplik (act. G 8).
Erwägungen:
1.
Gemäss Art. 61 lit. c des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) ist das Versicherungsgericht in der Beweiswürdigung frei. Es hat mithin bei der Würdigung der erhobenen Beweise nicht
bestimmten förmlichen Regeln zu folgen, sondern sämtliche Beweismittel objektiv zu prüfen, namentlich ungeachtet ihrer Herkunft (Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2009, Art. 61 N 72). Die erheblichen Tatsachen müssen dabei in der Regel nicht zum vollen Beweis erstellt werden, da im Sozialversicherungsrecht in der Regel lediglich der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gefordert wird (BGE 119 V 7). Das bedeutet, dass jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen ist, die von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste gewürdigt wird.
2.
Vorliegend fällt auf, dass anlässlich der polydisziplinären Begutachtung durch die MEDAS Zentralschweiz kein gastroenterologisches Consiliargutachten erstellt wurde, obwohl in den Akten offensichtlich erhebliche gastroenterologische Beschwerden aus gewiesen sind: Vom 1. Februar bis 8. März 2007 wurde der Beschwerdeführer im Spital Grabs hauptsächlich wegen Exacerbation einer chronischen Diarrhoe stationär be handelt, ohne dass die Beschwerden massgeblich gelindert eine Ursache der selben gefunden werden konnte, weshalb der Beschwerdeführer ins Kantonsspital
St. Gallen überwiesen wurde (IV-act. 11-19 ff.), wo zwar eine Normalisierung des Stuhlgangs bewirkt, aber keine Ursache für die chronische Diarrhoe gefunden werden konnte (IV-act. 11-5 ff.); Dr. C. hielt in seinem EFL-Bericht vom 16. August 2007 fest, dass die Ergebnisse der damals geplanten Abklärungen bezüglich der Diarrhoe die Zumutbarkeitsbeurteilung beeinflussen könnten (act. G 4.2); eine stationäre Behandlung in der Klinik Gais musste im Oktober/November 2007 gar aufgrund der Diarrhoe unterbrochen und der Beschwerdeführer für zwei Wochen in die Gastroente rologie des Kantonsspitals St. Gallen überwiesen werden (IV-act. 44-18 ff. und 55). Wiewohl vielfältige Abklärungen bezüglich der chronischen Diarrhoe durchgeführt wurden, äusserte sich gemäss Aktenlage bislang kein Gastroenterologe zu deren all fälligen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit. Daraus kann freilich nicht gefolgert werden, die Diarrhoe wirke sich nicht auf die Arbeitsfähigkeit aus, ist doch durchaus denkbar, dass der Beschwerdeführer etwa auf zusätzliche Pausen angewiesen ist, weil er häufiger und eventuell klare Aussagen dazu fehlen in den Akten jeweils eilig die Toilette aufsuchen muss, dass er durch die Diarrhoe geschwächt ist und keine volle Leistung erbringen kann. Auch Dr. C. ging, wie erwähnt, davon aus, dass sich die Diarrhoe allenfalls auf die Arbeitsfähigkeit auswirken könnte. Da im Rahmen der
Begutachtung durch die MEDAS Zentralschweiz keine gastroenterologische Unter suchung erfolgte und es der begutachtende Internist sich nicht zu allfälligen qualitativen quantitativen Auswirkungen der Diarrhoe auf die Arbeitsfähigkeit äusserte, erweist sich der Sachverhalt diesbezüglich als nicht genügend abgeklärt. Eine zuverlässige Bemessung des Invaliditätsgrades ist angesichts der Unsicherheit bezüglich allfälliger Auswirkungen der chronischen Diarrhoe auf die Arbeitsfähigkeit nicht möglich.
3.
Abgesehen davon vermag das Gutachten der MEDAS Zentralschweiz zu überzeugen. Die Gutachter berücksichtigten in somatischer Hinsicht sämtliche der in den Akten aus gewiesenen und geklagten Beschwerden und begründeten in nachvollziehbarer Weise, inwiefern sich diese auf die Arbeitsfähigkeit auswirken würden. Zwar wies Dr. E. in ihrem späteren Bericht vom 3. Februar 2009 darauf hin, dass insbesondere aufgrund der Niereninsuffizienz eine ausreichende medikamentöse Behandlung der Polyarthritis nicht möglich sei, doch ist nicht nachvollziehbar, dass aufgrund der in diesem Bericht beschriebenen Schwellungen in den Metacarpophalangealgelenken II und III beidseits vollständige Arbeitsunfähigkeit bestehen soll. Überdies stellten die Gutachter der MEDAS Zentralschweiz weder eine wesentliche Schwellung in den genannten Gelenken noch eine relevante Aktivität der Polyarthritis fest. Gesamthaft vermag der Bericht von Dr. E. vom 3. Februar 2009 daher keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beurteilung der MEDAS-Gutachter zu wecken. Was die übrigen fachärztlichen Berichte betreffend somatische Beschwerden betrifft, so sind keine Widersprüche ersichtlich. In psychiatrischer Hinsicht besteht grundsätzlich Übereinstimmung zwischen der Beurteilung des Consiliargutachters der MEDAS Zentralschweiz und dem behandelnden Facharzt der Klinik Gais, namentlich, nachdem der MEDAS-Gutachter die vom behandelnden Facharzt gestellte (aktuellere) Diagnose bestätigt hat (vgl. IVact. 83 und 94). Aus der Diagnose der iatrogenen Opiatabhängigkeit vermag der Beschwerdeführer sodann nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, wollte der MEDASGutachter damit doch einzig zum Ausdruck bringen, dass die Opiate verordnet und kontrolliert abgegeben worden sind (vgl. IV-act. 94). Selbstverständlich rechtfertigt es diese Aussage für sich allein nicht, den Beweiswert des MEDAS-Gutachtens anzuzweifeln. Was die unterschiedliche Arbeitsfähigkeitsschätzung aus psychiatrischer
Sicht betrifft, so hat der MEDAS-Gutachter überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, weshalb aus seiner Sicht keine quantitative Beeinträchtigung zu attestieren ist. Auch aus den übrigen Akten geht mehrheitlich hervor, dass es sich bei den depressiven Verstimmungszuständen offensichtlich vorwiegend um eine (nachvollziehbare) psychische Reaktion auf die vielfältigen somatischen Beschwerden und Schmerzen handelt. Gesamthaft besteht deshalb kein Grund, von den Einschätzungen der MEDAS-Gutachter abzuweichen.
4.
Gesamthaft rechtfertigt sich daher die Einholung eines neuen Gutachtens bzw. eines Obergutachtens, wie der Beschwerdeführer beantragen liess, nicht. Vielmehr ist grund sätzlich auf das Gutachten der MEDAS Zentralschweiz abzustellen und ergänzend ab zuklären, ob und allenfalls inwiefern (qualitativ und quantitativ) sich die chronische Diarrhoe auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers auswirkt. Da es sich dabei um eine spezifische, bislang nicht geklärte Frage handelt, rechtfertigt sich die Rückweisung hierfür an die Beschwerdegegnerin (vgl. BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4 S. 264 f.). Demnach ist die angefochtene Verfügung vom 9. Oktober 2009 in teilweiser Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen im Sinne der Erwägungen und anschliessender Neuverfügung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Die Rückweisung gilt praxisgemäss hinsichtlich Kostenund Ent schädigungsfolgen als volles Obsiegen der Beschwerde führenden Partei. Aus diesem Grund sind die gemäss Art. 69 Abs. 1bis des Bundesgesetzes über die Invaliden versicherung (IVG; SR 831.20) zu erhebenden und angesichts des durchschnittlichen Aufwands auf Fr. 600.-festzusetzenden Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin auf zuerlegen. Dem Beschwerdeführer wird der von ihm geleistete Kostenvorschuss in gleicher Höhe zurückerstattet. Sodann ist die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, dem Beschwerdeführer gemäss Art. 61 lit. g ATSG eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 3’500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) auszurichten.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird die Verfügung vom 9. Oktober 2009 aufgehoben und die Sache zu weiteren Abklärungen im Sinne der Erwägungen und anschliessender Neuverfügung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.
Die Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten von Fr. 600.-zu bezahlen. Dem Beschwerdeführer wird der von ihm geleistete Kostenvorschuss in gleicher Höhe zurückerstattet.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer mit Fr. 3’500.--
(einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.
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